Wenn man beim Lesen eines Buchs in der U-Bahn mehrfach laut lacht, obwohl man das eigentlich vermeiden möchte, hat der Autor schon einmal nicht alles falsch gemacht. Wenn man dann – zunehmend bei fortschreitender Lektüre – immer wieder innehält, um einen Gedanken, eine Frage, eine Passage noch einmal zu lesen, um sie »abzuspeichern« und zu reflektieren, liegt es nahe, von einem gelungenen Buch zu sprechen.
Saša Stanišić, vielfach ausgezeichneter Autor, hat mit seinem neuesten Werk ein »leichtes Buch mit Tiefgang« geschrieben. »Was wäre, wenn …?«, lautet die Frage, die sich durch das ganze Buch zieht. Wie wäre es z. B., wenn es einen Proberaum für das Leben gäbe, in dem man zehn Minuten aus der Zukunft probieren kann? Oder: Möchte man an einem Ort wohnen, an dem man (irgendwann) glücklich sterben oder lieber an einem, an dem man glücklich leben kann? Und: Wie entsorgt man ökologisch korrekt ein Memory-Spiel? Das Leben bietet viele gedachte, manche umgesetzte Möglichkeiten, so lautet eine Erkenntnis nach der Lektüre.
»Bitte der Reihe nach lesen«, so der Hinweis, den der Autor an den Anfang dieser scheinbar eher zusammenhanglos aneinandergereihten Texte, Skizzen, Erzählungen setzt. Diesen Rat sollte der Leser, die Leserin unbedingt befolgen. Denn immer mehr und bis zum Schluss erweist sich diese Sammlung als ein bezauberndes Gesamtkunstwerk, das einen gleichzeitig heiter und nachdenklich zurücklässt. Unbedingt lesenswert!
Saša Stanišić. Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne. München 2024