Namen sind Schall und Rauch? Mitnichten! Michael Ohl, Biologe und Insektenforscher am Museum für Naturkunde Berlin sowie Podcaster, widmet sich einem Thema, das die meisten Menschen bewegen dürfte, etwa bei der Benennung ihrer Kinder. Bei Michael Ohl geht es nun um Taufnahmen für Tiere. Er veranschaulicht auf profunde Weise, wie es zu einer Namensfindung kommt, welche Kriterien und Regeln berücksichtigt werden müssen und wer etwa für die Vergabe des Namens bei besonders interessanten, ja lustigen Beispielen verantwortlich war. Es gilt, Ordnung zu schaffen in einem nahezu unendlichen Universum und Millionen und Abermillionen von Namen. In einem Streifzug erfährt die Leserschaft, was Beyoncé mit Pferdebremsen mit goldenem Hinterteil verbindet, wie Hitler die Umbenennung einer Fledermaus verhindert hat, wie das »Elbische« (Tolkiens Welt) oder ein Gedicht Christian Morgensterns in die Systematik gelangte und was es mit anderen »Trivial«-Namen im Tierreich auf sich hat: bisweilen ein wissenschaftliches Kuriositäten-kabinett. Denn neben zwingenden wissenschaftlichen Kriterien spielen oft Kreativität, Fantasie, Selbstwertgefühl und persönliche Eitelkeiten der Entdecker und Wissenschaftler, die das Tier zu beschreiben haben, eine Rolle. Dies kann dann durchaus zu heftigen Kontroversen führen; prallen doch hier hoher wissenschaftlicher Anspruch und Gestaltungswille aufeinander.
Neben einem historischen Überblick fasziniert die Lektüre mit anschaulichen Beispielen aus der Wissenschaftsgeschichte. Ohl bietet darüber hinaus einen spannenden Blick in die Arbeit eines der weltweit bedeutendsten naturwissenschaftlichen Museen weltweit: dem Berliner Museum für Naturkunde. Fazit: Eine sehr packende Lektüre mit hohem wissenschaftlichem Anspruch und Detailreichtum, die einen oft überraschenden Blick hinter die Kulissen des nicht immer leicht zu verstehenden Wissenschaftszweigs der Taxonomie gewährt. Sehr unterhaltsam und empfehlenswert!
Michael Ohl. Die Kunst der Benennung. Berlin 2015