Das Gewicht, rund 4,5 Kilogramm, und das Format, Folio 28×34, deuten es schon an: Ein wahrlich opulentes Werk über mehr als 200 Jahre Industriegeschichte, Arbeit und Alltag mit Stahl, Kohle und Eisen im Ruhrgebiet. Aber keine lauten, rauchenden, stinkenden Schlote, Hochöfen, Gasometer, Maschinen- und Gebläsehallen, Fabriken, Bergwerke, Zechen, Kokereien, Kraftwerke, Brücken, Schleusen, Häfen, Kanäle, Trassen, Verkehrswege und Bahnhöfe. Vielmehr lebendige, beeindruckende Industriedenkmäler, die sich zu attraktiven, ja stimmungsvollen, geradezu idyllischen Orten für Museen, Kulturveranstaltungen, Wohnungen, Gewerbe und vielen weiteren kreativen Ideen entwickelt haben.  

Dokumentiert wird auf höchst anschauliche Weise, wie aus Altem Neues entstehen kann und somit auch in die Zukunft weist. Ein weithin bekanntes Beispiel von denkmalverträglicher Industriekultur bildet die vorbildlich umgenutzte Zeche Zollverein in Essen, eine Ikone lebendiger Industriekultur, 2001 zum UNESCO-Weltkulturerbe avanciert, oder der Gasometer in Oberhausen als ein gigantischer Ausstellungsraum. Christo war auch schon hier, mehrmals!  

Viele der lebendig dargestellten Industriedenkmäler können aufgesucht werden, Staunen sicherlich inbegriffen: Kathedralen der Industriekultur. Die großformatigen Farbfotografien des freien Architekturfotografen und Ästheten Achim Bednorz sind beeindruckend und überraschend in seinen Perspektiven. Die erläuternden Texte – in Deutsch, Englisch und Französisch – des Denkmalpflegers und Kunsthistorikers Walter Buschmann mit historischen Ansichten, Luftbildern, Plänen, Karten, Grundrissen und Schautafeln sowie der Dokumentation des Erhaltungszustandes fügen sich ideal in die brillanten 463 Farbfotografien auf insgesamt über 640 Seiten ein. Einziges Manko: Aufgrund der Opulenz nicht als Bettlektüre oder als Reiseführer von Ort zu Ort geeignet. Eine wunderbare Hommage ans Ruhrgebiet, unbedingt empfehlenswert!   

Walter Buschmann (Text) und Achim Bednorz (Fotos). Der Pott. Industriekultur im Ruhrgebiet. Köln 2020 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 04/2021.