Das Architekten- und Künstlerduo Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter widmen sich in »Putzen, eine Kulturtechnik« der universellen Alltagsherausforderung des Putzens in den letzten rund 150 Jahren – und dies höchst differenziert unter gesellschaftlich-soziologischen, kulturhistorischen, philosophischen und politischen Aspekten. Dabei werden Rollenklischees, Hierarchien und Traditionen dieses von vielen gehassten Alltagsrituals diskutiert. Und bei dieser »Reinigungskultur« spielt auch das Design der angewandten Gerätschaften, die Art der Putzmittel und Utensilien eine nicht unwesentliche Rolle, die nicht nur »Drecksarbeit«, sondern durchaus ein Gemeinschaftserlebnis sein kann. Man denke etwa an WGs oder an Säuberungsaktionen in unserer zunehmend vermüllenden freien Natur. Der kurzweilige und toll illustrierte Band widmet sich auch aktuellen gesundheitlichen, ja lebenserhaltenden Aspekten wie der Handhygiene, die in Pandemiezeiten eine besondere Bedeutung erlangt hat. Und für manche kann das Putzen gar psychohygienische Aufgaben erfüllen. 

Eines sei noch verraten: Neben zahlreichen praktischen Tipps erwartet die Leserschaft zahlreiche Anekdoten, die das Putzen geradezu sympathisch machen können. Die ästhetisch anspruchsvollen Hochglanzfotos von Ulrike Köb und Daisuke Akita zeigen etwa die beiden putzmunteren Künstler, herausgeputzt in Abendrobe und Smoking bei ihren Kunst-Putz-Aktionen in unangekündigt aufgesuchten Privathaushalten, die die Leser schmunzeln lässt.  

Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter. Putzen, eine Kulturtechnik. Göttingen 2020 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2022 – 1/2023.