Kulturreferent und Leiter des Kultur!Büros. Kreis Siegen-Wittgenstein / Studienrat für die Fächer Kunst und Deutsch / Theater-, Film- und Kunstkritiker / Publizist, Kurator und Organisator / Juror für Kunstausstellungen und Kulturpreise / 39 Jahre lang Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine (AdKV) / Mehr als 20 Jahre einer der Sprecher des Deutschen Kunstrates / Mitglied des Sprecherrates des Deutschen Kulturrates / Mitgründer und Leiter (1990-2017) des Internationalen Musik- und Theaterfestivals »KulturPur« in Südwestfalen / Mit-Initiator des Lÿz, eines Medien- und Kulturhauses für Siegen-Wittgenstein / 12 Jahre lang im Vorstand Trägerverein Philharmonie Südwestfalen e. V.

Eine beeindruckende Liste, aber doch nur ein Ausschnitt aus Wolfgang Suttners Curriculum Vitae, der lange nicht alles zeigt, was den Macher und Beweger Wolfgang Suttner ausmacht. Kommt man mit Suttner ins Gespräch, dann spürt man unmittelbar, was die Triebfeder seines Engagements ist, nämlich seine tiefe Leidenschaft für die eine Sache in seinem Leben: Kultur zu erleben, zu fördern und sie zu den Menschen zu bringen. In diesen Tagen scheidet der 1951 in Siegen geborene Kulturmanager nun auch aus den meisten seiner Funktionen im Deutschen Kulturrat aus und sagt im Interview gegenüber Politik & Kultur: »Das ist ein eigenartiges, auch mulmiges Gefühl. Gleichzeitig erfüllt es mich mit großer Freude, wenn ich sehe, dass das, was ich mitgestaltet und angefangen habe, erfolgreich weiterläuft.«

Steigen wir ein bisschen tiefer ein in das, was er alles angefangen hat. Ein Herzensthema war für Wolfgang Suttner die Bildende Kunst. Der Vater war Kunsthandwerker, seine früh verstorbene Mutter Schneiderin. Beide waren nach dem Krieg als vertriebene Sudetendeutsche in die Bundesrepublik gekommen. Durch seinen Vater hatte Suttner als Kind immer viel Kontakt zu Bildhauern, Holzgestaltern, Buchbindern und anderen Kreativen. Über diese Kontakte entstand sein Interesse an Kultur. Er absolvierte ein Kunststudium an der Universität Siegen mit Germanistik als zweitem Hauptfach und wurde Studienrat.

Ein entscheidender Schritt für Suttner war die Gründung des Kunstvereins in Siegen zu Beginn der 1980er Jahre, dessen Vorsitzender und Geschäftsführer er zehn Jahre lang war. Mit diesem Verein und seinen Akteuren schuf er dem Thema Kunst und Kultur in der damaligen Siegener Provinz eine derartige Sichtbarkeit, dass es keine Überraschung war, als man ihn 1990 bat, ein Kulturreferat mit ganz besonderem Zuschnitt aufzubauen. Suttner wurde Kulturreferent des Kreises Siegen-Wittgenstein, einem Landkreis mit 300.000 Einwohnern im Süden Nordrhein-Westfalens. In Personalunion baute er auch das Kultur!Büro. Siegen-Wittgenstein auf, ein bundesweit bekannt gewordenes Modell für verwaltungsuntypische kommunale Kulturarbeit an den Schnittstellen von Kultur- und Wirtschaftsförderung. »Wir haben über die Kommunen hinweg ein eigenes Kulturreferat gegründet. Ich hatte einen cleveren Oberkreisdirektor, der sagte: ›Wir machen nicht auf Kulturamt, sondern wir versuchen, Kultur kreativ zu sehen und das als eine Maßnahme der Wirtschaftsförderung.‹ Das Motto des Kultur!Büro.s, ›Kultur gestalten statt verwalten‹, wurde der Schlüssel zum Erfolg des neuen Kultur-Unternehmens im Kreis Siegen-Wittgenstein.«

Wolfgang Suttners Gründerphase hatte begonnen: Er arbeitete an der Entwicklung der Konzeption Regionale Kulturpolitik des Kulturministeriums NRW mit und beteiligte sich mit seinem Referat an der Koordinationsstelle Regionale Kulturpolitik. 1990 gründete Suttner mit anderen Kulturmachern aus der Region das Internationale Musik- und Theaterfestival »KulturPur« in Südwestfalen, das er bis 2017 leitete. KulturPur ist bis heute das größte naturnahe Zeltfestival Europas mit jährlich 55.000 Besuchern zu Pfingsten. 1995 rief Suttner zusammen mit der Wirtschaftsförderung beim Kreis Siegen-Wittgenstein das Lÿz, ein Medien- und Kulturhaus für Siegen-Wittgenstein, ins Leben, das heute mit seinem Einzugsgebiet von 600.000 Menschen im Dreiländereck Rheinland-Pfalz/Hessen/NRW einen guten Namen in den Sparten experimentelles Theater, Kleinkunst und Varieté hat. Weiter war Suttner verantwortlicher Vorstand im Trägerverein Philharmonie Südwestfalen e. V. und auch Vorstandsvorsitzender der Stiftung Philharmonie Südwestfalen, einer der größten Musikstiftungen in NRW.

Neben Musik und Kulturpolitik blieb die bildende Kunst die Konstante in seinem Leben. Er war Kurator und Organisator von zahlreichen Ausstellungsprojekten seit 1981, darunter Bernd und Hilla Becher – »Fachwerkhäuser des Siegerländer Industriegebietes«, André Masson – »Pastelle und Zeichnungen«, Joseph Beuys – »Das grafische Werk«. Er zeigte spannende Werke von Adolf Luther in Siegen, präsentierte Aktionskunst, Atem- und Kinetik-Objekte und beteiligte sich mit Siegen maßgeblich an den Ausstellungen »Kunstlandschaft Bundesrepublik« (1984) und »Kunst, Europa« – 63 deutsche Kunstvereine zeigen Kunst aus 20 Ländern (1991). Als Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine (AdKV) half er mit, die inzwischen 300 Kunstvereine zu vernetzten.

Suttner war Mitinitiator des Villa-Waldrich-Kulturhaus-Projekts für die Stadt Siegen. Damit ergab sich eine deutliche Verbesserung der Situation der Bildenden Kunst in der Siegener Region. »Das breite Engagement der Stadtgesellschaft«, so Suttner, »hatte sehr große Auswirkungen für die Gesamtentwicklung der Kultur in Siegen.« Gleichzeitig, so Suttner, »war mir immer wichtig, dass ich ein Standbein in Berlin bei der AdKV oder dem Deutschen Kulturrat hatte. Dadurch brachte ich viele Impulse mit. Das war mein Herzensthema. Ich kann auch nicht sagen, dass ich etwas anderes lieber gemacht hätte.«

Kulturerlebnis mit Natur und regionaler Identität zu verbinden, war eine von Suttners zentralen kulturpolitischen Ideen für Siegen. Er selbst nennt es den »wichtigsten Stein seiner Konzeption«. Auf diese Weise entstand unter seiner Mitwirkung der Waldskulpturenweg von Wittgenstein ins Sauerland. Mit großer Hilfe des Landes entstand ein Skulpturenprojekt mit internationalen Positionen aus dem Spannungsfeld von Stahl, Stein und Holz.

»Wenn Sie dorthin kommen, wo wir das Musik- und Theaterfestival ›KulturPur‹ veranstalten, ganz tief im Wald auf einer großen Wiese, da glauben Sie nicht, dass die Welt noch irgendwo weiter geht. Dieser Festival- und Kunstplatz auf der Ginsberger Heide, den Bob Geldof einmal ›a place in nowhere‹ nannte, ist ein unglaublicher Kraftort.«

Suttner erinnert sich an eine Festivalausgabe mit Mikis Theodorakis: »Da prasselte der Regen lautstark auf das Zelt und ich dachte, um Gottes Willen, jetzt ist alles zu spät, gleich läuft das Wasser unten und oben rein. Plötzlich sagte Theodorakis zum Publikum: ›Hört ihr den Klang der Natur?‹. Und dann haben er und seine Musiker zu diesem Regengetrommel improvisiert. Das war so bewegend für alle. Damals hatte ich eine Art Erweckungserlebnis und dachte: Was du machst, ist richtig!«

Ein Porträt über Wolfgang Suttner ist keines, wenn Paul McCartney nicht vorkommt. Ideengeberin war Suttners Tochter, die wusste, dass Paul McCartney als Doppelbegabung nicht nur Musiker, sondern auch Maler ist. Über die Schlagzeugfabrik Sonor, die auch im Kreisgebiet ansässig ist, nahm Suttner Kontakt auf zu den Schlagzeugern der Paul-McCartney-Band und über diese zu Linda McCartney. Auf diese Weise wurde Suttner zum Kurator des malerischen Werks des Beatles Paul McCartney, das nach 5-jähriger Arbeit, realisiert mit Suttners Team, in einem großen Publikums- und Public-Relations-Erfolg mit 45.000 Besuchern in Siegen gipfelte. Auch hier gingen Kultur- und Wirtschaftsförderung Hand in Hand.

Wenn dieses Porträt hier endet, dann gewiss nicht, weil bereits alle Verdienste und Aktivitäten Suttners aufgezählt sind. Etwa sein Engagement für die Förderung von Nachlassarchiven für Bildende Kunst, angeregt vom Modellprojekt im Kloster Pulheim bei Köln. Hier leistet die Stiftung Kunstfonds Großartiges. Suttner ist überzeugt, dass insbesondere die Bildende Kunst eine wichtige regionale Überlieferung ist und er betont, dass ihm die Weiterentwicklung der Bildenden Kunst ein wichtiges Anliegen bleibt. Deshalb engagiert er sich in diesen Tagen u. a. in einem großen Förderprojekt für partizipative Kunst, das er seit 15 Jahren im Kunsthaus Gravenhorst im Münsterland juriert. Da dieses Porträt scheinbar nicht enden will, geht es kurzerhand in einen Kultur-Tipp über. Suttners Lieblingsprojekt hat sich auch nach seiner Pensionierung weiterentwickelt: Für die 33. Ausgabe des KulturPur-Festivals auf der Ginsberger Heide sind noch einige wenige Karten erhältlich unter kulturpur-festival.de

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 4/2025.