Der finnisch-kosovarische Schriftsteller Pajtim Statovci erzählt in »Meine Katze Jugoslawien« allegorisch, skurril und zum Nachdenken anregend parallel die Geschichte zweier junger Menschen verschiedener Generationen vor und nach der Flucht vor dem letzten der Jugoslawienkriege: Emine wächst in Kosovo auf dem Land auf, mit 17 Jahren wird sie verheiratet und verliert in der gewaltvollen Ehe schlagartig ihre Träume und Lebensfreude. Die Arbeit im Haushalt ist nun ihr Leben, wobei ihre Kinder eher als Notwendigkeit erscheinen. Ihr jüngster Sohn Bekim, den als Kind krankhafte Alpträume von Schlangen plagten, hält sich als Student in Helsinki die meiste Zeit mit seiner Boa Constrictor isoliert in seiner Wohnung auf. Den Kontakt zu seinem herrischen Vater und damit zur Familie hat er abgebrochen. Er tut sich schwer, mit seiner queeren und migrantischen Identität seinen Platz zu finden und trifft sich nur unverbindlich mit One-Night-Stands. Als er jedoch die sprechende Katze in einer Schwulenbar kennenlernt, möchte er, dass sie bleibt. Trotz ihrer manipulativen Art, Queer- und Fremdenfeindlichkeit zieht sie Bekim in ihren Bann, und er stürzt sich wie Emine in die Hausarbeit. Als sein Schwindel von einer musterhaft integrierten Familie auffliegt, begibt er sich auf die Suche nach seinen Wurzeln. Nach und nach setzen sich die Puzzlestücke zu der traumatischen Familiengeschichte zusammen – zwischen Flucht, festgefahrenen Strukturen, unerfüllbaren Erwartungen und dem ewigen Gefühl, in der neuen Heimat verloren zu sein. Zehn Jahre nach dem Erscheinen ist Statovcis Roman jetzt als deutschsprachige Ausgabe erhältlich.
Meine Katze Jugoslawien. Pajtim Statovci. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. München 2024