Was bringt Schriftstellerinnen dazu, zu schreiben? Womit kämpfen sie im Alltag, was beflügelt sie, was lässt sie dranbleiben? In ihrem Buch »Schreibtisch mit Aussicht« zeigt Ilka Piepgras die Situation schreibender Frauen anhand der Beiträge von 24 bedeutenden gegenwärtigen Schriftstellerinnen, darunter Elizabeth Strout und Elfriede Jelinek, die einen Einblick über den Entstehungsprozess literarischer Arbeit geben.

Dieser Sammelband soll Schriftstellerinnen und ihre Arbeit in Abgrenzung zu Männern würdigen. »Still just writing«, ein Essay der Amerikanerin Anne Tyler, bildet den Ausgangspunkt für Ilka Piepgras, die die Autorin geradezu auffordert, einen Beitrag für das Buch zu leisten. So stellt Ilka Piepgras fest, dass die Literatur immer noch eine Männerdomäne ist. »Schriftstellerin« zu sein ist nämlich als Beruf weniger anerkannt als »Schriftsteller«. Autorinnen müssen immer noch kämpfen, um die gleiche Legitimität und Anerkennung wie ihre männlichen Kollegen zu erlangen. Dies wird deutlich, wenn man bedenkt, dass nur 17 Frauen den Nobelpreis für Literatur seit seiner Verleihung im Jahr 1901 erhalten haben. In »Schreibtisch mit Aussicht« haben die Autorinnen freie Hand, über ihr Leben als Schriftstellerin zu sprechen: über die Gründe, warum sie schreiben, und über das verschaffte Glück, den Alltag, die Rituale, ihre Vorbilder, den Verzicht usw. Die Autorinnen berichten auf sehr persönliche Weise von den Schwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert sind, und dekonstruieren zugleich die zahlreichen Geschlechterklischees. Dieses ehrliche und inspirierende Buch räumt mit den vielen Mythen rund um den Beruf der Schriftstellerin auf und bietet eine authentische Perspektive, die die Geschlechterungleichheiten im Literaturbetrieb hervorhebt und den Lesern somit vielfältige Denkanstöße gibt.

Ilka Piepgras et al. (Hg.). Schreibtisch mit Aussicht. Zürich 2020

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 04/2023.