»Wenn Du schnell gehen willst, geh’ alleine. Wenn Du weit kommen willst, geh’ gemeinsam«: ein altbekanntes Sprichwort, in dem viel Wahrheit steckt. Nun wäre jeder Sportler und jede Sportlerin schlecht darin beraten, nicht schnell zu gehen und nicht den Versuch zu unternehmen, allein als Erster ins Ziel zu kommen. Noch dazu möglichst ohne Umwege.

Dieses Prinzip des sportlichen Wettkampfs möchten wir als Dachverband des deutschen Sports angesichts der aktuellen Herausforderungen und multiplen Krisen, denen wir uns als Gesellschaft ausgesetzt sehen, an dieser Stelle einmal grundlegend infrage stellen.

»Schnell« und »alleine« mag im Sport selbst oftmals zum Erfolg führen – im Gezerre um politische Aufmerksamkeit, wohlwollende Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliches Engagement und den Einsatz für Vielfalt und Demokratie scheinen diese Werte uns jedoch keine besonders guten Ratgeber zu sein. Es ist höchste Zeit, dass wir uns mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammenschließen, um gemeinsame Sache zu machen. Nur so können wir im Idealfall beides erreichen: nämlich schnelle und weitreichende Veränderungen zum Positiven für unsere Gesellschaft.

Dabei sind der Deutsche Kulturrat und der Deutsche Olympische Sportbund natürliche Partner und Verbündete. Denn Sport und Kultur verbindet so viel. Beide Bereiche bewegen und inspirieren Millionen von Menschen in ganz Deutschland. Beide stehen für eine offene und vielfältige Gesellschaft, in der Menschen jenseits von harten ökonomischen Notwendigkeiten ihre eigenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Vorlieben ausleben können – Sport und Kultur sind Orte der Selbstverwirklichung und freien Entfaltung.

Die Idee der Zusammenarbeit ist dabei keinesfalls neu und kommt nicht von irgendwo. Ich erinnere mich aufgrund meines eigenen beruflichen Werdegangs nur zu gut an die Diskussionen Ende der 1990er Jahre, die wir im Sport schon damals gemeinsam mit der Kultur geführt haben. In diesem Rahmen lernte ich auch Olaf Zimmermann kennen, der damals gerade seine heutige Position als Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates angetreten hatte. Dort ging es um eine engere Zusammenarbeit zivilgesellschaftlicher Akteure im Rahmen der Weiterentwicklung des Ehrenamtes hin zu bürgerschaftlichem Engagement und projektbezogener ehrenamtlicher Arbeit – Diskussionen, die wir teilweise auch heute noch führen. Was mir nur zeigt, dass die Zusammenarbeit deutlich verstärkt werden sollte, wenn wir unsere Ziele von damals auch nach über 20 Jahren noch nicht vollständig erreicht haben.

Was mir immer wieder auffällt, ist, dass die Bedeutung von Sport und Kultur für unsere Gesellschaft unterschätzt wird. Dabei ist ihr Beitrag zur Bildung und Erziehung, zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden und zur Stärkung demokratischer Werte enorm wichtig. Sportliche Aktivitäten und kulturelle Veranstaltungen bieten Plattformen für Begegnungen und Dialoge, die für eine lebendige Demokratie unerlässlich sind. Sie fördern Toleranz, Respekt und Fairness – Werte, von denen wir als pluralistische Gesellschaft profitieren.

Damit dies so bleibt, dürfen wir uns nicht mit einem Verwalten und einem »Weiter so« begnügen. Wir müssen gestalten und kontinuierlich verbessern. Die 86.000 Sportvereine und zahlreichen kulturellen Einrichtungen des Landes, alle Menschen, die dort tätig sind und sich einbringen, haben es verdient, dass man ihre Arbeit würdigt und entsprechend unterstützt.

Deshalb fordere ich gemeinsam mit Olaf Zimmermann für zukünftige Legislaturperioden auf Bundesebene die Schaffung eines Bundesministeriums für Sport und Kultur. Ein eigenständiges Bundesministerium wäre ein wichtiger Schritt, um die Bedeutung beider Bereiche zu unterstreichen, ihre Rahmenbedingungen ernsthaft zu verbessern sowie aufzuwerten und dabei gleichzeitig ihre jeweilige Autonomie zu sichern.

Wir werden gemeinsam dafür eintreten, dass Sport und Kultur die Anerkennung und Unterstützung erhalten, die sie aufgrund ihres wichtigen Beitrags für unsere Gesellschaft verdienen. Nur so können wir eine lebendige und integrative Gemeinschaft gestalten, in der jeder Einzelne seinen Platz findet und sich entfalten kann.

Von einem gemeinsamen Bundesministerium würden Sport, Kultur, Politik und Gesellschaft profitieren. Wenngleich Sport und Kultur Ländersache sind, werden doch viele der Rahmenbedingungen auf Bundesebene determiniert – und genau deshalb braucht es eine eigene Verortung im Kabinett.

Die Lehren der Vergangenheit haben gezeigt, dass sowohl Sport als auch Kultur zu oft als »nice to have« von der Politik behandelt und damit oftmals als Letztes im Kontext von Transformationsprozessen, Krisen usw. mitgedacht werden. Der aktuell im Innenministerium angedockte Sport ringt mit Themen wie innere Sicherheit und Migration um Ressourcen und Aufmerksamkeiten. Zweifelsohne wichtige Themen. Dem Sport als ressort- und themenübergreifendes Feld wäre jedoch weitaus mehr geholfen, wenn ein eigenständiges Ministerium als Partner bei den vielfältigen Themen und Inhalten zur Verfügung stünde.

Denn Sport ist Gesundheit (BMG), Sport ist Integration (BMI), Sport ist gemeinnützig (BMF), Sportvereine sind Bildungsorte (BMBF), die sich am Kampf gegen den Klimawandel und für Nachhaltigkeit beteiligen (BMUV), Sport ist Wirtschaftskraft (BMWK) und Arbeitgeber (BMAS), Sportinfrastruktur ist Stadt- und Kommunalplanung (BMWSB), Sport ist völkerverbindendes außen- (AA) und entwicklungspolitisches Mittel (BMZ), Sport bewegt Jung und Alt (BMFSFJ), und unsere Spitzensportler sind unter anderem auch Sportsoldaten (BMV) und Bundespolizisten (BMI).

All diese gesellschaftlichen Beiträge des Sports in ein Verfassungsressort zu pressen, wird niemandem gerecht. Dass es der Kultur trotz der Ansiedlung des Themas bei der BKM beim Kanzleramt ähnlich geht, davon kann der Deutsche Kulturrat vermutlich ein Lied singen. Mit einem gemeinsamen Bundesministerium für Sport und Kultur hätte man erstmals die Chance, all diese Themen zu bündeln und auf Augenhöhe die ressortübergreifende, koordinierende Arbeit, die so dringend notwendig ist, um die Kraft des Sports und der Kultur voll zur Entfaltung zu bringen, tatsächlich umzusetzen.

In diesem Sinne: Lasst uns gemeinsam schnell und weit gehen – für den Sport, für die Kultur und für unsere Gesellschaft!

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 7-8/2024.