Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist Gesellschaftspolitik«, treffender als der Leiter der Abteilung Kultur und Gesellschaft im Auswärtigen Amt, Ralf Beste, kann man die sogenannte »dritte Säule« deutscher Außenpolitik wohl kaum beschreiben. Doch wie sollten und vor allem müssen wir in Zeiten globaler Disruption und tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen unseren Modus Operandi neu justieren? Voraussetzung für eine ehrliche Debatte über die Zukunft der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) ist zunächst die Beantwortung der Frage, welchen Stellenwert dieses Politikfeld nach der »Zeitenwende« einnehmen soll. In Zeiten, in denen Russland den Krieg nach Europa zurückgebracht hat und Chinas Einflussnahme global weiter wächst, treten unsere Instrumente der Soft Power in den aktuellen Debatten oft in den Hintergrund. Daher brauchen wir jetzt mehr und nicht weniger AKBP.
Systemrivalitäten, die wieder die Weltpolitik bestimmen, machen nicht vor unserem Gesellschaftsbild halt. Im Gegenteil: Es sind unsere Werte der Freiheit, die in diesem Wettbewerb unter Druck geraten. Mehr denn je gilt: Demokratische Gesellschaften müssen die besseren Argumente haben, um die Gesellschaften weltweit zu erreichen. Sie werden es dabei schwerer haben, insbesondere wenn unsere gesellschaftlichen Entwicklungen selbst in anderen Ländern als »dekadent« oder »imperialistisch« wahrgenommen werden.
Wir haben das Glück, auf bewährte Mechanismen und über viele Jahre gewachsene Strukturen unserer Mittler zurückgreifen zu können, die ein realistisches Deutschlandbild in die Welt tragen. Doch auch unsere Mittler müssen sich an neuen weltpolitischen Realitäten orientieren, um ihre Wirkung zu entfalten. Es ist elementar, dass wir das Silodenken hinter uns lassen und diese als echte »Soft Power« fester Bestandteil der kommenden nationalen Sicherheitsstrategie wird.
Unsere Mittlerorganisationen, die seit Jahrzehnten vor Ort arbeiten und die gesellschaftlichen Dynamiken bestens kennen, brauchen verlässliche Voraussetzungen für ihre Arbeit. Trotz der durch Folgekrisen angespannten Haushalte konnten wir das Budget der AKBP auf einem hohen Niveau halten. Dennoch müssen sich auch die Mittler in dieser Situation einer ehrlichen Aufgabenkritik stellen. Dies kann auch bedeuten, verstärkt auf europäische Arbeitsteilung zu setzen.
Denn auch in diesem Politikfeld gilt, nationale Alleingänge verheißen keinen Erfolg. Wir Freien Demokraten wollen gerade deshalb die Kulturdiplomatie als wichtiges Feld der EU-Außenpolitik etablieren. Als effektives Gegengewicht zu autoritären und totalitären Staaten braucht es eine geschlossene Kulturdiplomatie der Europäischen Union, die die Freiheit von Kunst und Wissenschaft in den Fokus stellt. Dafür braucht es neben der Schaffung einer Kulturabteilung im Europäischen Auswärtigen Dienst eine verstärkte Zusammenarbeit der Europäischen Union mit der Vereinigung der Nationalen Kulturinstitute der EU (EUNIC). Diese europäische Dimension braucht ein gemeinsames Verständnis. Und dies lieber heute als morgen!