Ja, vieles ist Kriegsbeute, was so an afrikanischer Kunst in unseren europäischen Museen schlummert oder öffentlich präsentiert wird: Kriegstrophäen. Es ist das große Verdienst der Kunsthistorikerin und Hochschullehrerin in Paris und Berlin, Bénédicte Savoy, dass nunmehr – nach rund fünf Jahrzehnten – der oft allzu aufgeheizte Diskurs so Fahrt aufgenommen hat, dass aktuell ernsthaft (!) über Restitutionen geraubter oder abgepresster Kunstwerke und Alltagsgegenstände aus früheren Kolonien verhandelt wird; man denke etwa an die bevorstehende Rückgabe sogenannter Benin-Bronzen des Edo-Volkes aus dem Berliner Humboldt Forum an Nigeria, Kriegstrophäen der ehemaligen Kolonialherren. Ein Meilenstein mit Signalwirkung, geradezu ein moralischer Paradigmenwechsel. Für die Kämpferin Savoy bedeutet Restitution zugleich der Beginn eines neuen Umgangs miteinander, es geht um Respekt. Ausführlich geht sie in ihren detaillierten Studien auch der Frage nach, warum bisherige Rückgabebemühungen seit den 1960er Jahren des letzten Jahrhunderts so kläglich gescheitert sind. Ursprünglich wollten gar bundesdeutsche Museen ihre Bestände geheimhalten und europäische Museen haben geheime Absprachen getroffen und Handreichungen publiziert, um die Forderungen aus ehemaligen Kolonialstaaten »abzuwehren«. Einzig und allein das Übersee-Museum in Bremen hat sich unter seinem Direktor Herbert Ganslmayr (1974 bis 1991) zu Rückgaben bereit erklärt; er aber wurde kaltgestellt. 

Savoys Standardwerk in dritter Auflage dokumentiert mit vielen bislang unbekannten Quellen, wie etwa mit Geheimabsprachen deutscher Museen und Handreichungen, und ihrer wissenschaftlichen Auswertung die Geschichte der kolonialen Raubzüge und ihre Auswirkungen bis in unsere Tage. Und all dies auf höchst spannende Weise. Sehr empfehlenswert! 

Bénédicte Savoy: Afrikas Kampf um seine Kunst. Geschichte einer postkolonialen Niederlage. München 2021 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 09/2021.