Für sowohl das lineare wie auch das nichtlineare Programm wäre aus Sicht des DKV zu begrüßen:
(1) Mehr Kontakt mit den Protagonisten der jeweiligen musikalischen Szenen sowie Einbindung dieser Szenen in das Kuratieren von Inhalten. (2) Mehr Produktionen und Chancen für den Nachwuchs, um eine lebendige Kulturlandschaft zu erhalten. Redakteure und Protagonisten haben zusammen das beste vorstellbare Knowhow; wenn das Programm aber ohne Austausch und Feedback mit diesen Szenen entsteht, läuft es Gefahr, diese nicht mehr genügend abzubilden. Dies gilt für alle Spartenprogramme. (3) Faire Bedingungen für alle, die für den ÖRR arbeiten, Honorare und Vergütungen, die den Standards entsprechen. (4) Priorisierung von Bildungs- und Aufklärungsinhalten als Bollwerk gegen den Populismus.
Die heutigen Debatten finden nur deswegen vor allem auf den sozialen Netzwerken statt, weil der ÖRR genau das Feld vernachlässigt hat, in dem diese Debatten früher stattfanden: die Kultur. Es gab eine Zeit, in der Jazzkonzerte, Opernaufführungen und Rockfestivals auch eine Gelegenheit waren, politische Diskussionen zu führen. Dies war nur möglich, weil der ÖRR dies in einer ausführlichen und hervorragenden Kulturberichterstattung unterstützte. Da die Kultur im ÖRR aber zunehmend zur Randnotiz verkommt, verhindern wir, dass diese Debatten an genau den Orten stattfinden, wo sie am fruchtbarsten und offensten sind: in der Kulturszene. Der ÖRR wird stärker und wichtiger, wenn er sich auf diese kulturellen Debatten wieder zunehmend einlässt. Das wäre das beste Mittel gegen die in den sozialen Medien herrschende Desinformation, Hetze und Filterblasenpropaganda. Der ÖRR ist die einzige Möglichkeit, dieser zunehmenden Verrohung entschieden entgegenzutreten – mit Aufklärung, Bildung und leidenschaftlichem Kuratieren. Es würde uns nicht schaden, wenn die Debatten unserer Zeit wieder dort stattfinden, wo sie hingehören – nicht in einer digitalen Echokammer, sondern im wirklichen Leben. Und der ÖRR sollte selbstbewusst Teil davon sein, anstatt nur auf Quoten zu schielen.
Mehr dazu
In der Ausgabe 11/24 von Politik & Kultur (S. 3) finden Sie einen Artikel zum Reformstaatsvertrag. Der Deutsche Kulturrat hat am 10. Oktober eine Stellungnahme »Kulturelle Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärken statt einschränken« veröffentlicht (kulturrat.de/positionen).