Direkt vor dem Kölner Rathaus und damit im Herzen der Stadt entsteht derzeit das MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln, ein gemeinsames Museumsprojekt der Stadt Köln und des Landschaftsverbands Rheinland (LVR). Erste Bemühungen um die Einrichtung eines jüdischen Museums an diesem Ort gehen auf die zivilgesellschaftliche Initiative der 1996 gegründeten Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur in Nordrhein-Westfalen – heute die Fördergesellschaft MiQua-Freunde e. V. – zurück.
Bereits seit 2007 laufen bauvorbereitend und -begleitend archäologische Grabungen, in denen Teams der Archäologischen Zone der Stadt Köln den Baugrund erkunden sowie die bekannten und neuen Befunde dokumentieren und sichern. Zunächst handelte es sich um ein allein städtisches Projekt, 2013 wurde der LVR Kooperationspartner. Demnach fungiert die Stadt Köln bis zur Übergabe des Museums an den LVR als Bauherrin. Der LVR übernimmt mit der Übergabe des Museums die Trägerschaft und organisiert den Ausstellungs- und Veranstaltungsbetrieb.
Im Museum werden Besucherinnen und Besucher nach der Eröffnung 2.000 Jahre Stadtgeschichte erleben und vielfältige Einblicke in die wechselvolle Entwicklung des Orts erhalten. Die Idee, die seit den 1950er und 1960er Jahren durchgeführten archäologischen Ausgrabungen unter dem Rathausplatz vollständig zugänglich zu machen, ist ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches Kulturprojekt. Mit dem römischen Praetorium als Teil des UNESCO-Welterbes Niedergermanischer Limes, dem mittelalterlichen jüdischen Viertel und dem christlichen Goldschmiedeviertel vereinigen sich hier einige der bedeutendsten archäologischen Befunde Kölns und des Rheinlands auf engstem Raum. Diese Denkmäler vermitteln als authentische Zeugnisse, wer hier gelebt oder gewirkt hat und wie sich das Zusammenleben in den vergangenen zwei Jahrtausenden gewandelt hat. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Multiperspektivität: Archäologische Funde und Schriftquellen aus römisch-heidnischer, christlicher und jüdischer Perspektive bieten Einblicke in ein vielfältiges und alltägliches Miteinander in diesem zentralen Stadtviertel. Während Besucherinnen und Besucher auf dem mehr als 600 Meter langen Rundgang unter anderem die Fundamente der Kölner Synagoge sowie die Mikwe, das Ritualbad der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde erkunden, erstreckt sich das neue Museumsgebäude als hallenartiger Schutzbau über den darunterliegenden Schätzen.
Jüdische Geschichte von 1424 bis zur Gegenwart im Museumsneubau
Mit der Ausweisung am 1. Oktober 1424 mussten Jüdinnen und Juden die Stadt auf Beschluss des Kölner Rats »up ewige tzyden« verlassen. Welche Berührungspunkte es dennoch mit jüdischer Kultur gab und wie jüdisches Leben ab 1798 in Köln aussah, das wird in der Dauerausstellung des MiQua im neuen Museumsgebäude thematisiert. Neben den Menschen und ihren Geschichten stehen dabei auch vergangene Ausstellungen über jüdische Kultur in Köln im Vordergrund sowie eine Beschäftigung mit Orten jüdischen Lebens im gesamten Stadtraum in Form einer digitalen Anwendung. Immer wieder gelangen somit Fragen des Zusammenlebens von jüdischen und nichtjüdischen Kölnerinnen und Kölnern in den Mittelpunkt.
Museumserlebnis ohne Museum?
Ausstellungen besuchen, Inhalte kennenlernen – kurzum Museum erleben: Geht das auch schon vor Eröffnung? Das MiQua ist bereits seit einigen Jahren mit vielfältigen Vermittlungs- und Veranstaltungsangeboten aktiv. Zu Letzteren zählen neben zahlreichen Vorträgen und Mitmachangeboten im neuen MiQua:forum, dem Vorschauraum für das künftige Museum, auch regelmäßige Formate zu aktuellen gesellschaftlichen Diskursen beispielsweise im Rahmen des jährlich im Dezember stattfindenden »Forums 321«. Darüber hinaus geht das MiQua mit verschiedenen Outreach-Ansätzen, also dem Hinausgreifen aus dem Museum in andere Sozialräume, gezielt auf Teile seiner unterschiedlichen Zielgruppen zu, erweitert den Erlebnisraum und die Reichweite als außerschulischer Lernort. Vielfältige Projekte bieten Gelegenheit, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, baubegleitend Neugier, Interesse und Verständnis zu wecken. Gleichzeitig kommt das Museum mit Führungen für diverse Zielgruppen, Workshops zur Demokratieförderung und Prävention von Antisemitismus, dem Projekt »MiQua…op Jöck!« sowie ausleihbaren Ausstellungen dem eigenen Bildungsauftrag nach und erprobt Wege, die eigenen Inhalte zu vermitteln. Digitale Angebote wie die gemeinsam mit dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln entwickelte Anwendung »Zwischen den Häusern« erweitern den Wirkungsraum des Museums in den Stadtraum und führen Nutzer und Nutzerinnen an Orte, die – nicht immer offensichtlich – mit jüdischer Geschichte verbunden sind.
Mit diesem ganzheitlichen Ansatz, der das Museum, seine Inhalte und Aktivitäten einem breiten Publikum näherbringt, wirkt das MiQua schon jetzt in die Gesellschaft hinein und gibt einen Vorgeschmack auf das, was kommt. Als Anlaufstelle und Raum für Austausch kann das Museum diese Bemühungen dann zukünftig mit einem eigenen Haus, einer passgenauen Dauerausstellung und begleitendem Vermittlungs- und Veranstaltungsprogramm verstetigen.