Weltweit haben schätzungsweise 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser. Das heißt, dass mehr als jeder vierte Mensch auf der Erde gesundheitlichen Risiken ausgesetzt ist, weil die Grundversorgung mit sauberem Wasser nicht gewährleistet ist. Sanitäre Anlagen stehen nur etwa 3,8 Milliarden Menschen zur Verfügung. Das ist nicht einmal die Hälfte der acht Milliarden Menschen umfassenden Weltbevölkerung. Vom fehlenden Zugang zu Trinkwasser sind besonders Menschen in prekären Verhältnissen betroffen, also einkommensschwache Familien in ländlichen Regionen des »Globalen Südens«, Bewohnerinnen und Bewohner der sich rasant ausbreitenden informellen Siedlungen der Großstädte vor allem in Afrika und Asien und Menschen in Kriegs- und Krisengebieten, in Flüchtlingslagern oder auf der Flucht. Unter diesen trifft es Frauen, Kinder, Alte und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen besonders hart.

Aufgrund der schlechten Versorgungslage haben weltweit nur zwei von drei Menschen die Möglichkeit, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Das führt besonders in dicht besiedelten informellen Siedlungen und in Flüchtlingslagern die allseits propagierten Hygieneregeln zur Eindämmung der Coronapandemie und anderer Krankheitsausbrüche ad absurdum. Für Haushalte ohne Wasseranschluss ist die Beschaffung von Trinkwasser mit hohen zeitlichen und finanziellen Belastungen verbunden. In ländlichen Regionen muss es oft von kilometerweit entfernten Quellen herbeigeschafft werden. Das ist meist die Aufgabe von jungen Frauen und Mädchen, die aufgrund der dafür aufgewendeten Zeit nicht zur Schule gehen oder eine Ausbildung absolvieren können. In Städten ist Trinkwasser für in Armut lebende Familien oft nur in völlig überteuerten Plastikflaschen verfügbar. Deswegen müssen diese häufig auf kontaminiertes Wasser zurückgreifen, welches vermeidbare Krankheiten wie Cholera und andere Darminfektionen verursacht, denen vor allem Kinder und durch Krankheit geschwächte Menschen zum Opfer fallen.

Der Klimawandel verstärkt Engpässe in der Wasserversorgung und schafft neue Herausforderungen, beispielweise durch zunehmende Dürren und Hochwasser oder durch Hitzewellen in den Städten. Besonders gefährlich sind Veränderungen der Niederschlagsmuster, die zur Abnahme von Oberflächenwasser und zur Austrocknung von Grundwasserreserven führen. Allein in den ärmeren Regionen Afrikas und Asiens hängen Lebensgrundlagen und Ernährungssicherheit von 1,2 bis 1,5 Milliarden ländlichen Haushalten vom Grundwasser ab. Auch der Wasserverbrauch der exportorientierten Landwirtschaft und des Bergbaus wird deswegen immer problematischer. Monokulturen zum Anbau von Futtermitteln für die Massentierhaltung, Energiepflanzen für Biosprit, Eukalyptusplantagen für die Papierindustrie und zur Bindung von CO2 werden meist durch die kaum nachhaltige Ausbeutung von Grundwasservorräten bewässert. Auch die extrem wasserintensive Förderung von Lithium in Trockengebieten in Südamerika, welche für die Herstellung von Batterien für die Elektromobilität benötigt wird, bedroht die Lebensgrundlagen der dort ansässigen Bevölkerung.

Seit 2010 gibt es ein international verbrieftes Menschenrecht auf Wasser, welches die Nationalstaaten verpflichtet, ihre Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. Es wurde 2015 um das Recht auf den Zugang zu sanitären Anlagen ergänzt. Dieses Recht ist universell. Es beinhaltet den uneingeschränkten Zugang zu ausreichend sauberem und bezahlbarem Wasser für den persönlichen Gebrauch und muss den sozialen und kulturellen Ansprüchen der Bevölkerungen gerecht werden. Es liefert einen Referenzrahmen, an dem sich Anstrengungen zur Wasserversorgung messen lassen müssen. Eines von 17 Entwicklungszielen der von den Vereinten Nationen 2015 beschlossenen Agenda 2030 widmet sich explizit der Verbesserung der Wasserversorgung. Von 2015 bis 2020 konnten diesbezüglich Erfolge vorgewiesen werden. Um alle Menschen ausreichend mit Trinkwasser und sanitären Anlagen zu versorgen, müssten die Investitionen in die weltweite Wasserinfrastruktur bis 2030 jedoch verdreifacht werden. Brot für die Welt unterstützt Partnerorganisationen in Afrika, Lateinamerika und Asien bei der Erstellung von Hygienekonzepten und bei der Anpassung an den Klimawandel durch agrarökologische Landwirtschaft. Letztere setzt vorhandene Wasservorräte weit effektiver ein als die industrielle Landwirtschaft und verbessert die Wasserhaltefähigkeit der Böden. Mit der Verschärfung der weltweiten Wasserproblematik gewinnt auch die politische Arbeit an Bedeutung. Die Unterstützung der Partnerorganisationen bei der Durchsetzung des Rechts auf Wasser gegen die Interessen international agierender Konzerne wird immer dringlicher. Zudem fordert Brot für die Welt ein, die Berücksichtigung von Wasserfragen in der Ausgestaltung der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit zu verankern. Durch finanzielle und administrative Unterstützung ermöglicht Brot für die Welt vom Klimawandel betroffenen Menschen aus dem »Globalen Süden« die Teilnahme am internationalen Diskurs zu den Folgen des Klimawandels, beispielsweise während der jährlich stattfindenden Weltklimakonferenzen.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 03/2023.