Wohl kaum etwas wird so sehr mit Natur assoziiert und ist so sehr Kultur wie der Garten. Ein Garten ist per se Kultur. Er wird angelegt, ob exakt oder wild, ob nach Vorbildern oder eigenem Gutdünken und Geschmack, ob mit Zierpflanzen, mit Rasen oder mit Obst und Gemüse. Der Garten ist Menschenwerk.

Er ist damit genau das Gegenteil vom Paradies oder Garten Eden, der nach der Schöpfungsgeschichte der hebräischen Bibel vom Herrn geschaffen wurde und aus dem, nachdem sie vom Baum der Erkenntnis gekostet hatten, Eva und Adam vertrieben wurden. Sie sollten fortan im »Schweiße ihres Angesichts« ihr Brot essen. Sie mussten den Boden urbar machen und ihn beackern. Um im Bild zu bleiben, sie waren die ersten Gärtner.

Nicht nur im Judentum, Christentum und Islam hat das Paradies als Garten eine Bedeutung. Auch in anderen Religionen oder auch Mythologien spielen Gärten eine besondere Rolle. Sie sind zumeist Orte der Schönheit, der Glückseligkeit, und obwohl sie menschengemacht sind, werden sie als Natur erfahren.

Die Gartenkultur ist ein fester Bestandteil der Kultur- und Naturgeschichte. Sie ist stets Ausdruck gesellschaftlicher Zustände und Entwicklungen. Zu denken ist etwa an Klostergärten, die der Selbstversorgung der Ordensleute dienten, in denen Pflanzenzucht betrieben wurde, deren Kräuter zu Medikamenten und Alkoholika verarbeitet wurden und die damit einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Substanz leisteten. Kreuzgänge in Klöstern sind gelungene Kompositionen von Architektur und Gartenkultur. Französische Gärten oder Barockgärten stehen für die Repräsentation in einer bestimmten Epoche. Englische Gärten und insbesondere Parks sind das Ergebnis gärtnerischen Planens und Gestaltens, auch wenn sie sehr oft gleichsam »naturwüchsig« erscheinen.

Emanzipatorische Ideen liegen den Volksparks zugrunde. Auch Kleingärten oder Schrebergärten, die oftmals als Ausgeburt der Spießigkeit verspottet werden, gehen auf Ideen zurück, Menschen, die unter beengten Verhältnissen leben, die Möglichkeit zu bieten, in ihrem eigenen Garten, in der Natur, sich selbst zu versorgen. Im entwicklungspolitischen Kontext werden Kleingärten teilweise als Chance zur Sicherung der Ernährungsvorsorge gesehen. Urban Gardening kann als eine moderne Form des Kleingartenwesens gesehen werden. Hier werden Brachen genutzt, um Gärten anzulegen. In Berlin teils von professionellen Kräften angelegt und betreut, bieten sie Ehrenamtlichen die Chance mitzuarbeiten und sind dabei ein lebendiger Teil der Nachbarschaftskultur.

Botanische Gärten sind nicht nur Erholungsorte und Stätten, an denen exotische Pflanzen bestaunt werden können. Sie sind zugleich Forschungszentren. In ihnen werden Pflanzen und ihre Vegetationsbedingungen erforscht. Hier wird Saatgut bewahrt und in der jeweiligen Flora werden seltene Pflanzen vermehrt.

Gärten haben einen sehr hohen Erholungswert und viele Menschen gärtnern – im eigenen Garten, im Kleingarten oder auch im kleinen Rahmen auf dem Balkon. Auf welch großes Interesse das Gärtnern stößt und welcher Beratungs- und Gesprächsbedarf lässt sich auch an den zahlreichen Fernsehsendungen ablesen, in denen mal informativ, mal boulevardesk über das Gärtnern viel zu erfahren ist. Bis hin zu konkreten Pflanz- und Pflegetipps für die Anlage von Gärten bzw. deren Pflege. Hiermit wird offenbar ein großes Informationsbedürfnis gestillt.

Der Klimawandel ist sowohl für die angelegten Gärten im Sinne von Kulturlandschaften als auch für den heimischen Garten eine große Herausforderung. Heimische Gehölze sind Trockenheit und Dürreperioden kaum gewachsen. Gleichzeitig besteht insbesondere für historische Gärten die Herausforderung, das Kulturerbe Garten zu bewahren. Das gilt insbesondere für den Baumbestand. Viele historische Gärten gehen dazu über, in eigenen Baumschulen unter den aktuellen klimatischen Bedingungen den historischen Baumbestand nachzuzüchten, in der Hoffnung, dass diese Bäume klimaresistenter sein werden.

Zugleich ist es mit Blick auf zunehmend heißere Sommer in unseren Breiten sowie Starkregen immer wichtiger, Grün in der Stadt zu haben. Stadtgrün spendet Schatten, macht die Witterung, insbesondere Hitze, leichter erträglich. Gleichzeitig hilft Stadtgrün bei Starkregen, den Regen aufzunehmen und erst sukzessive abzugeben.

Neben der beschriebenen Bedeutung, die Gärten für Mensch und Natur haben, sind Gärten auch ein wichtiges Motiv für Künstlerinnen und Künstler. Beispiele hierfür sind die Gartenbilder von Max Liebermann oder Claude Monet. Ihre Gärten boten einerseits Motive für ihre Bilder, sie wurden allerdings auch mit Blick auf die Bilder angelegt. Auch hier zeigt sich wieder die enge Verzahnung von Natur und Kultur, die Bertolt Brecht in »Der Blumengarten« so wunderbar beschrieb:

Am See, tief zwischen Tann und Silberpappel / Beschirmt von Mauer und Gesträuch ein Garten / So weise angelegt mit monatlichen Blumen, / Daß er vom März bis zum Oktober blüht.

Hier in der Früh, nicht allzu häufig, sitz ich / Und wünsche mir, auch ich mög allezeit / In den verschiedenen Wettern, guten, schlechten / Dies oder jenes Angenehme zeigen.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 06/2023.