Heute vor drei Jahren, in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni 2019, wurde der damalige Regierungspräsident von Kassel, Walter Lübcke, auf seiner Terrasse von einem Rechtsextremisten ermordet.

Ich kannte Walter Lübcke gut und habe ihn sehr gemocht. Er hat in der Flüchtlingssituation 2015 seinen Kurs der Menschlichkeit gegen große Widerstände durchgehalten und auf öffentlichen Bühnen vertreten. Walter Lübcke ist für seine klare Haltung erschossen worden – von einem Neonazi.

Nur kurze Zeit später hat der rassistische Anschlag von Hanau unser ganzes Land zutiefst erschüttert. Neun junge Menschen wurden furchtbar brutal aus unserer Mitte gerissen – auch sie wurden aus rassistischen Motiven ermordet. Diese Anschläge waren keine Einzeltaten. Ebenso wenig wie die systematischen Morde des NSU. Ebenso wenig wie das Attentat auf die Synagoge in Halle.

Rechtsextreme Gewalt hat einen Nährboden: einen Nährboden aus Rassismus, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und Antiziganismus. Es gibt viele Menschen, die tagtäglich immer und immer wieder von Rassismus betroffen sind. Dieser Tatsache müssen wir uns als gesamte Gesellschaft stellen und alles dafür tun, das zu ändern!

Als Bundesministerin des Innern und für Heimat ist es meine Aufgabe, die freiheitliche Demokratie zu schützen und ihre Wehrhaftigkeit zu stärken. Die derzeit größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie ist der Rechtsextremismus. Die Anzahl der rechtsextremistischen Gewalttaten ist weiter auf hohem Niveau. Seit vielen Jahren wächst die rechtsextreme Szene. Deshalb habe ich im März einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vorgelegt. Lange lag auf dieser Bedrohung zu wenig Fokus – deshalb gehen wir das nun hart und entschlossen an.

Verteidigt wird die Demokratie aber auch jeden Tag von den Bürgerinnen und Bürgern. Von Menschen, denen Offenheit und Vielfalt etwas wert sind und die bereit sind, sich dafür einzusetzen. Deutschland kann auf eine unglaubliche Anzahl von Engagierten und Ehrenamtlichen zählen. Dieses Engagement zu fördern, ist für mich eine Herzensangelegenheit. Denn Zusammenhalt braucht Haltung – von uns allen! Und deshalb ist das Motto Ihrer Jahrestagung so passend gewählt: »Mit Zusammenhalt gegen Rassismus«.

Sie weisen zu Recht darauf hin: Rassismus ist kein Randphänomen. Und deshalb müssen wir auf allen gesellschaftlichen Ebenen gegen Rassismus arbeiten. Hinter der Initiative kulturelle Integration steht ein breites gesellschaftliches Bündnis. Sie finden deutliche Worte und Sie geben Orientierung. Dafür möchte ich mich heute herzlich bei Ihnen bedanken!

Der Beitrag ist das gekürzte Grußwort der Bundesministerin zur Jahrestagung »Zusammenhalt gegen Rassismus« der Initiative kulturelle Integration

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 07-08/2022.