Die Herausforderungen, die die Klimakrise an uns alle stellt, sind enorm. Gerade wegen ihres auf ihre Flächen bezogen beträchtlichen Energieverbrauchs und den damit verbundenen Treibhausgasemissionen müssen sich auch die Museen grundsätzlich umorientieren. Ein »Weiter so«, wie wir es seit Jahrzehnten in eklatantem Widerspruch zu allen Erkenntnissen der Wissenschaft erleben, geht nicht mehr. Die Zeit der Glaspaläste ist vorbei. 

Große Museen in Deutschland könnten allein durch ihren Stromverbrauch im täglichen Betrieb mehrere Tausend Tonnen CO2 pro Jahr verursachen, vor allem aufgrund der exzessiven Klimatisierung von Depot und Ausstellungsbereichen – die sich seit jeher eher am technisch Möglichen als am konservatorisch Notwendigen ausrichtet.  

Der überwiegende Teil des Kulturerbes in unseren Sammlungen kommt mit Schwankungen des Raumklimas nämlich deutlich besser zurecht, als von vielen befürchtet. Das zeigt schon ein Blick in unsere Kirchen. Für empfindliche Werke, die es natürlich auch gibt, müssen individuelle Lösungen gefunden werden, z. B. durch eine Verkleinerung der Klimakompartimente. Das beste Museum ist eines, welches keine Klimaanlage braucht, weil es sein Gebäude als erste, passive Kontrollinstanz für das Raumklima nutzt: Dicke Mauern, traditionelle Baumaterialien, hohe thermische Trägheit, Kopplung an den Baugrund und niedrige Luftwechsel sind die Schlüssel zum Erfolg.  

Viele Museumsneubauten stehen symbolisch für die letzten 40 Jahre, in denen die Menschheit 60 Prozent ihres gesamten, zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels verfügbaren CO2-Budgets aufgebraucht hat. Von diesem Teil der Kulturlandschaft wird mittelfristig nicht viel bleiben. Ist es gegenüber unseren Kindern und Enkeln zu rechtfertigen, Museen zu bauen, die mehr Energie verbrauchen als ihre Vorgänger? 

Weniger als fünf Prozent der Gebäude im Bundesbesitz haben Solaranlagen auf dem Dach. Aber Vorsicht: Mit Photovoltaik lassen sich die Nachhaltigkeitsdefizite bei vielen derzeit in Bau befindlichen Projekten nicht ausgleichen! 

Transparenz und Offenheit sind die Schlüssel zur Wende. Dazu gehört, dass Museen darüber, welche Klimabedingungen in ihren Räumen wirklich vorherrschen, über ihren Energieverbrauch und ökologischen Fußabdruck Rechenschaft ablegen. Das sollte von den Trägern gefordert werden – als Förderbedingung. 

Bei komplexen Zusammenhängen wie in der Klimakrise oder auch nur dem gegenwärtigen Energienotstand helfen Werkzeuge eines »ganzheitlichen Risikomanagements«. Sie erleichtern den Umgang mit Zielkonflikten. Es gibt verschiedene Ziele, die nur auf Kosten des jeweils anderen vorangetrieben werden können: 

Zunächst sind da die konservatorischen Anforderungen an ein möglichst konstantes Raumklima, stabile Feuchte- und Temperaturwerte. Dann müssen die Behaglichkeitsansprüche der Mitarbeiter und Besucher berücksichtigt werden. Außerdem muss man erkennen, was das jeweilige Gebäude überhaupt leisten kann. Und schließlich die wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte eines nachhaltigen Betriebs. Hochtechnisierte Klimaanlagen in einem schlechten Gebäude sind dann keine gute Lösung, wenn sie die Existenz eines Museums unterminieren. Diese vier Faktoren müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Denn Museen sind unverzichtbar als Identitätsstifter, sie haben auch einen wichtigen Bildungsauftrag. Unser kulturelles Erbe muss für nachfolgende Generationen bewahrt werden. 

Aufgrund mangelnder Expertise sind die meisten Museen damit überfordert. Aus diesem Grund haben wir 2019 in einem offenen Brief an die damalige Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien die Gründung einer Taskforce gefordert, die »sich einzig den klimapolitischen Herausforderungen in Museen und anderen öffentlichen Ausstellungshäusern« widmet. Der im Koalitionsvertrag 2021 vereinbarte »Green Culture Desk«, der Kompetenzen und Ressourcen für die ökologische Transformation verknüpfen und anbieten kann, ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 11/2022.