Spätestens seit Beginn der Coronapandemie richtet sich der Fokus der Öffentlichkeit vermehrt auf die raumlufttechnischen Anlagen von Veranstaltungsstätten. In Theatern, Kinos, Opern- und Konzerthäusern prüft und zertifiziert die Deutsche Theatertechnische Gesellschaft die Luftqualität. Der Vorstandvorsitzende Wesko Rohde gibt Auskunft zur Lufthygiene in deutschen Kulturorten.

Wie sauber ist die Luft in deutschen Theatern, Kinos und Konzerthäusern? Wie wird dies überhaupt gemessen?

Sehr gut, oft sogar besser als draußen. Es wird eine CO2-Messung in den Anlagen zugrunde gelegt. Viele haben Werte in den Räumen um 400 ppm, das ist wie bei einem Waldspaziergang. Alles bis ca. 1.000 ppm ist aber völlig okay. In 80 Prozent aller Theater und Konzerthäusern laufen und liefen die raumlufttechnischen Anlagen während und nach der Pandemie optimal. Bei einigen musste organisatorisch oder was fehlende Wartungen an Filtern und Ähnlichem anbelangt, nachgebessert werden. Wirklich größere Eingriffe waren nur in drei Fällen von ca. 500 Spielorten insgesamt notwendig. In den Fällen hat die örtliche Politik sehr schnell reagiert und alle Standorte wurden innerhalb wirklich kurzer Zeit ertüchtigt. Ich spreche von Wochen, nicht Monaten. Plötzlich war das Geld da. Unsere Bewertungen haben dabei geholfen.

Die Deutsche Theatertechnische Gesellschaft prüft und zertifiziert deutschlandweit die Lüftung von öffentlichen Theatern, Kinos, Opern- und Konzerthäusern mit fester Bestuhlung. Wie gestaltet sich das Prüfverfahren? Und welche Kriterien müssen für die erfolgreiche Zertifizierung erfüllt sein?

Prüfung und Antragstellung sind denkbar einfach, für Menschen aus der Haustechnik in jedem Fall kein Problem. In einem Online-Formular werden Richtwerte der Anlage abgefragt. Die findet man gewöhnlich am Bedientableau angezeigt. Wer das nicht auf Anhieb hinbekommt, kann bei einer örtlichen Lüftungsfirma um Hilfe bitten, die benötigen dafür zehn Minuten. Meist gibt es ohnehin Wartungsverträge. Da kennt man die Leute und kann sich Hilfe holen. Eine gut gepflegte Anlage erfüllt die Kriterien, auch wenn sie schon älter ist. Wir werden in unseren Gutachten aber vermerken, ob bei diesen ein energetischer Austausch bestimmter Komponenten oder eine Neuanlage in den nächsten Jahren geplant werden sollte. Wichtig sind: die vorgeschriebenen Prüfungen der Bauteile, regelmäßige Filterwechsel usw. Die Antragstellung ist dann wirklich nur ein Mausklick – wir übernehmen alle Daten direkt digital aus der Vorlage.

Welche Bedeutung kommt dem Zertifikat zu? Und wer kann es erhalten?

Das Zertifikat betrachtet die Spielstätten ganzheitlich, bedenkt Strömungsrichtungen, Kapazitäten der Anlagen und die Architektur des Raumes. Sie weicht damit von herkömmlichen Prüfungen ab, die sich ausschließlich mit einzelnen Bauteilen beschäftigen und nicht mit der hygienischen Wirkweise. Gesund rein und gesund raus!

Darauf lässt es sich eigentlich runterbrechen. Die Absprache mit Umweltbundesamt und BKM lief auch darauf hinaus, dass Gebäude, die über eine Zertifizierung verfügen, von etwaigen Schließungen ausgenommen werden. Auch wenn Corona auf dem Rückgang ist, brauchen die Menschen wieder Vertrauen in die Orte und ihren sicheren Aufenthalt.

Wir sind auch sensibler geworden und die Menschen fragen an den Theaterkassen nach der Luftqualität. Das ist ein Novum, aber verständlich. Nach Corona stellt sich die Frage bei der nächsten Grippewelle wieder. Ich bin sehr froh, wenn wir mit dem Zertifikat bereits eine Antwort haben.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2022 – 1/2023.