Kristina Göldner arbeitet für die sozial-ökologische Reinigungsfirma »Klara Grün«. Die 2019 von zwei Frauen gegründete Berliner Firma zahlt übertarifliche Löhne und stellt ihre biologischen Reinigungsmittel selbst her. Ludwig Greven spricht mit Kristina Göldner über Bio-Putzmittel, das niedrige Ansehen von Reinigungskräften und die Folgen der Pandemie für ihre Arbeit.

Ludwig Greven: Wie möchten Sie genannt werden?

Kristina Göldner: Raumpflegerin. Das ist das, was ich mache. »Putzfrau« ist abwertend.

Sie reinigen nur mit selbst gemischten ökologischen Mitteln. Wird es damit sauber?

Definitiv. Wenn Haushalte gut gepflegt sind, braucht man nur etwas Spülmittel, Zitronensäure, Natron gegen Kalk, Soda für Fett, Bioethanol und Wasserstoffperoxid zum Desinfizieren. Bei manchen Kunden reinige ich nur mit Wasser. Ansonsten reicht ein gutes Mikrofasertuch. Ich nutze auch Stahlschwämme und Baumwolltücher. Die geben kein Mikroplastik ab.

Verlangt das mehr Arbeit?

Man muss mehr mit den Händen rubbeln. Aber es lohnt sich, denn man vergiftet sich und die Umwelt nicht. Viele Reinigungskräfte und Leute, die selbst reinigen, wissen gar nicht, was sie sich mit den chemischen Reinigern antun. Das ist wie Rauchen wegen der vielen Stoffe, die in die Raumluft gehen und die man beim Reinigen einatmet. Auch Kunden, die meinen, besonders ökologisch zu leben, nutzen oft viel Chemie. Dabei ist das völlig unnötig. Meine Tochter hat einen angeborenen Herzfehler. Deshalb arbeite ich seit ihrer Geburt vor 13 Jahren nur mit Bio-Mitteln.

Wie sind Sie Reinigungskraft geworden?

Ich arbeite, seit ich 14 war, immer wieder in dem Job. Da findet man immer Arbeit, oft schwarz. Meine Mutter war auch alleinerziehende Mutter und hat das auch gemacht. Ich hatte zeitweise drei Jobs, um mich und meine Tochter durchzubringen, bevor ich zu »Klara Grün« kam.

Fühlen Sie sich manchmal wie eine Sklavin, die Dreck für andere wegmacht?

Wie ein Staubsauger, den man nach der Arbeit in die Ecke stellt. Das habe ich in vielen großen Reinigungsfirmen erlebt. Wenn man da krank wird, ist man seinen Job los. Da stehen immer 20 alleinerziehende Mütter oder Flüchtlingsfrauen hinter dir, die das für 50 Cent weniger die Stunde machen. Auch Rentnerinnen putzen, weil ihre Rente nicht reicht. Viele Reinigungsfirmen kümmern sich nicht um die Arbeitszeitbestimmungen und die Sicherheit. Bei Privatkunden habe ich früher zum Teil schreckliche Erfahrungen gemacht, vor allem im Schwarzbereich. Da wird man dumm behandelt und angegrabscht, der Dreck wird einfach liegen gelassen.

Was hat sich durch die Pandemie geändert?

Wir desinfizieren immer noch sehr viel, z. B. die Türgriffe in Büros. Privatkunden sind weiter viel zu Hause und arbeiten dort. Da muss man leise sein und um sie herum reinigen, das ist nicht einfach. Am schwierigsten war es, als auch noch die Kinder zu Hause waren. Was sich auch geändert hat: Obwohl es dreckiger und unaufgeräumter ist, weil die Leute ja mehr in ihren Wohnungen leben, reinigen sie nicht mehr selbst zwischendurch. Die Reinigung kommt ja!

Vielen Dank.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2022 – 1/2023.