Kristina Marion Jacobsen und Sonja Anne Lang haben gemeinsam eine Petition auf change.org gestartet, die sich an den Europäischen Rat richtet: Als Zeichen der Solidarität soll dieser die Hauptstadt der Ukraine, Kiew, zur »European Capital of Culture and Peace 2022« ernennen. Politik & Kultur fragt nach.

Welche Idee steht hinter der Petition?

Der Aufruf wird getragen durch die Unterzeichnenden und richtet sich an den Europäischen Rat, der mit der symbolischen Verleihung des Titels der »European Capital of Culture and Peace 2022« ein klares Zeichen für transkulturellen Dialog und Frieden setzen kann. Wir verstehen den Angriffskrieg der russischen Regierung auf die Ukraine als Angriff auf Freiheit und Demokratie und auch als Angriff auf Kunst und Kultur. Unzählige Kultureinrichtungen und Kulturschaffende in Europa zeigen Haltung und engagieren sich auf verschiedene Weise. So verkörpert auch diese Initiative eine Stimme von vielen aus dem Kulturbereich, um sich für den Schutz der Ukraine und ihrer Kultur einzusetzen.

Was erhoffen Sie sich von der mit der Petition verbundenen Forderung? Was soll diese bewirken?

Die Initiative Kulturhauptstadt ist das bekannteste und erfolgreichste Instrument der EU-Kulturpolitik und hat eine weltweite Strahlkraft. Seit der Gründung der Initiative im Jahr 1985 stehen EU-Kulturhauptstädte für einen friedlichen Dialog der Kulturen in Europa. Dieses In­strument könnte nun als Friedensbotschaft eingesetzt werden. Wir plädieren daher dafür, diese Ernennung schnellstmöglich, außerplanmäßig und unabhängig vom regulären Prozedere der Titelverleihung zur »Europäischen Kulturhauptstadt« vorzunehmen. Besonders, seit die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, die Zugehörigkeit der Ukraine zur europäischen Familie betont hat, kann mit der symbolischen Verleihung des Titels der »European Capital of Culture and Peace 2022« ein klares Zeichen der EU gesetzt werden, sich für Frieden, Unabhängigkeit und die volle Souveränität der Ukraine und ihrer Kultur einzusetzen.

Die Ernennung Kiews zum »European Capital of Culture and Peace 2022« wäre ein Zeichen für den kulturellen Brückenbau in Kriegszeiten. Wie sollte dieser weiter aussehen? Was fordern Sie?

Hinter der Idee steckt zunächst die Hoffnung, dass die EU mit der Verleihung dieses Titels eine Symbolkraft für die Herstellung von Frieden entfaltet. Weitere politische Forderungen außer den im Aufruf benannten sind mit dieser Initiative nicht verbunden. Neben wirtschaftlichen Sanktionen können auch kulturpolitische Signale für den Frieden gesetzt werden. Eine symbolische Titelverleihung würde ein deutliches Zeichen der Verbundenheit ausdrücken. So haben unter den mehr als 1500 Unterzeichnenden auch Kulturschaffende aus der Ukraine diesen Aufruf unterstützt. Darüber hinaus ist es natürlich wünschenswert, dass die EU-Kulturpolitik sich in jeder Hinsicht mit ihren ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für die kulturelle Verständigung und Unterstützung der Kulturschaffenden der Ukraine einsetzt, den Dialog fördert und zur Schaffung von Frieden in Europa beiträgt.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 04/2022.