Als Auslandssender der Bundesrepublik Deutschland ist es unser Auftrag, unsere Zielgruppen weltweit mit unabhängigen, verlässlichen Nachrichten und Informationen zu versorgen, den Dialog zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu fördern und ihnen eine freie Meinungsbildung zu ermöglichen. Insbesondere in Kriegsgebieten können die Aktualität von Nachrichten und die Verbreitung verifizierter Fakten lebenswichtig sein. In der Berichterstattung über Kriege und Konflikte sind wir unseren Werten in besonderem Maße verpflichtet: Wir treten ein für Medienfreiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt Russland aktuell Platz 150 von 180. Diese Platzierung ist das Ergebnis einer Jahrzehnte währenden Entwicklung: So jährt sich der Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja 2022 bereits zum 16. Mal. Nach den Massenprotesten gegen das Putin-Regime vor gut zehn Jahren wurde die Internetzensur massiv verschärft, 2017 folgte das umstrittene Mediengesetz, das der Regierung ermöglicht, ausländische Medienschaffende zu »Agenten« zu erklären. Zu den Repressalien gehört unter anderem, dass solche »ausländischen Agenten« ihre vollständigen Einnahmen und Ausgaben dem russischen Justizministerium melden müssen.

Seit längerer Zeit sieht sich auch die Deutsche Welle (DW) in Russland der Kritik und Willkür der Behörden ausgesetzt. In diesem Jahr gipfelte diese Entwicklung in der Schließung unseres DW-Studios in Moskau Anfang Februar. Unseren Mitarbeitenden wurde die Akkreditierung entzogen, vier Wochen später wurde unser Internetauftritt dw.com in Russland in allen 32 Sendesprachen blockiert und sukzessive auch die sozialen Medien.

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 wird sehr deutlich, dass die immer drastischere Einschränkung freier Berichterstattung in den vergangenen Jahren offenbar Teil einer langfristigen politischen Strategie war.

Unser Ziel ist es, den Zugang zu Informationen in Russland und der Ukraine dennoch umfassend zu gewährleisten. Für Nutzende in Russland bieten wir verschiedene Maßnahmen zur Zensur- und Blockadeumgehung an und verbreiten Anleitungen zu deren Nutzung. Dazu gehören unter anderem Umgehungssoftware, z. B. VPN-Clients wie Psiphon oder der Tor-Browser. Die russische Bevölkerung hat ein Recht darauf, sich über den Krieg in der Ukraine zu informieren, auch wenn die russische Regierung ihr Informationen vorenthält und stattdessen Falschinformationen verbreitet.

Die erzwungene Schließung des Studios in Moskau hält uns nicht davon ab, über Russland und die Region zu berichten – das Studio wird in die lettische Hauptstadt Riga verlegt. Wir werden alles technisch und organisatorisch Mögliche tun, um unser Publikum in Russland und weltweit mit wichtigen Informationen zu versorgen.

In der Ukraine ist die DW weiterhin mit mehreren Korrespondentinnen und Korrespondenten vor Ort, ebenso in den Nachbarländern, um von der Situation an den Grenzen zu berichten. Die Russisch- und Ukrainisch-Redaktionen der DW berichten detailliert über den Krieg.

In den dynamischen Entwicklungen des Kriegs werden weltweit viele Falschinformationen in Umlauf gebracht. Sie gefährden die Demokratie und erschweren einen sachlichen, lösungsorientierten Dialog. Mit Blick auf Russland kann man von einer massiven und jahrelangen Desinformations-Kampagne sprechen. Dem wirkt das Team von DW Fact-Checking entgegen: Es verifiziert Inhalte und erläutert Nutzenden, wie sie Fake News erkennen können. Das Hinterfragen von Quellen und Botschaften ist wichtig: Wer trifft diese Aussage? Was möchte eine Person damit erreichen? Faktenchecks sind insbesondere in Kriegszeiten unerlässlich: Die journalistische Recherche ermöglicht einen klareren Blick auf das Geschehen und setzt Propaganda, Desinformation und Gerüchten geprüfte Informationen entgegen. Faktenchecks sind außerdem frei von Meinung und tragen zu einem Dialog auf Sachebene bei – dieser wird vor allem in der Zeit nach dem Krieg dringend nötig sein.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 04/2022.