In der fiktiven britischen Historienserie »Downton Abbey« kommt es in den 1920er Jahren zum Streit, wo ein Denkmal für die örtlichen Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtet werden soll: entweder auf einer grünen Wiese zum stillen Gedenken oder im Zentrum des Dorfes. Nach hitziger Debatte fällt die Wahl auf das Dorfzentrum – die richtige Entscheidung, wie ich finde. Auch in Deutschland 2023 gehören die Erinnerung an die Gefallenen und die Auseinandersetzung über die Einsätze der Bundeswehr in die Mitte der Gesellschaft.

Die Bundeswehr selbst gedenkt im Wald der Erinnerung bei Potsdam der Toten. Hierher wurde etwa der Ehrenhain aus dem afghanischen Masar-e-Scharif verlegt. Es ist ein würdiger Ort der persönlichen Trauer von Familien, Kameraden und Freunden. Über die individuelle Ebene hinaus muss die deutsche Gesellschaft sich mit Trauer und Erinnerung im militärischen Kontext auseinandersetzen, denn die Frauen und Männer der Bundeswehr geben im Ernstfall ihre Gesundheit oder gar ihr Leben nicht für sich, sondern im Dienst für uns alle und unser Land.

Dabei suchen sie auch in der Geschichte des deutschen Militärs nach Vorbildern und identitätsstiftenden Ereignissen. Dies wird seit 1965 und letztmalig 2018 durch den Traditionserlass geregelt. In der Zwischenzeit wurden nach ausführlicher Debatte Kasernen umbenannt und Bezüge etwa zur Wehrmacht entfernt und solche im Einklang mit demokratischen Werten gestärkt. So wurde mit der Umbenennung in Hauptfeldwebel-Lagenstein-Kaserne ein 2011 in Afghanistan gefallener Feldjäger geehrt.

Dies unterstreicht, dass die Bundeswehr als Armee im Einsatz für die Bundesrepublik Frieden und Stabilität und ebenfalls Identität stiftet. Solche Vorbilder stehen im Einklang mit dem Grundgesetz, dem Gedanken des Staatsbürgers in Uniform und der Inneren Führung.

So sollten wir das Eiserne Kreuz der Bundeswehr als ein Symbol für die liberale Demokratie verstehen. Gestiftet wurde dieser ursprünglich preußische Orden in den Befreiungskriegen gegen Napoleon, und als erster militärischer Orden wurde er weltweit ohne Standesunterschiede verliehen. In diesen Kriegen 1813 bis 1815 wurde die Saat gelegt für das moderne Nationalbewusstsein eines geeinten deutschen Staates und in den Studentenverbindungen, welche sich als Freiwillige meldeten, der liberale Wunsch nach Verfassung und Bürgerrechten. 200 Jahre später sind diese Ziele erreicht, müssen aber weiterhin verteidigt werden. Der Krieg in der Ukraine führt uns vor Augen, dass auch Demokratien wehrhaft sein müssen.

Vor diesem Hintergrund brauchen wir sichtbare Zeichen der Anerkennung und des Respekts für den Dienst, den die Frauen und Männer der Bundeswehr uns allen erweisen. Gerne auch mit einem Ort der Diskussion. Es ist Zeit, unsere Truppe in die Mitte der Gesellschaft zu holen.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 11/2023.