Vor rund zwei Jahren wurde die Saunakultur in Finnland in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Was bedeutet diese Anerkennung? Und wo liegen die Ursprünge dieser finnischen Tradition? Politik & Kultur fragt bei Mikko Fritze und Mikaela Mäkelä vom Finnland-Institut in Deutschland nach.

Was kennzeichnet die finnische Saunakultur?

Die Sauna ist einer der Orte, in denen Finninnen und Finnen zu sich selbst finden. Dabei ist sie kein gesondertes Wellnesserlebnis, in Finnland gehört die Sauna zum Alltag. Bei 3 Millionen Saunen auf 5,5 Millionen Einwohner haben fast alle, immer wenn sie es wünschen, Zugang zu einer Sauna. Das heißt, der Weg zu mir selbst ist nie weit.

Es gibt in der finnischen Sauna keine festen Regeln, außer »Tür zu«. Saunameister gibt es nicht und alle Aufgüsse werden selber gemacht, ohne Öle, nur mit Wasser. Ein Saunagang ist so lang, wie man sich wohlfühlt. Das kann ganz erheblich variieren. Es hängt davon ab, wie man sich fühlt, wie warm oder feucht die Sauna ist, was für einen Ofen sie hat, wie die Außentemperatur ist und vieles mehr. Es geht wieder zurück in die Sauna, wenn man das Verlangen danach hat. Es ist es der eigene Körper, der weiß, was guttut. Man kann ihm vertrauen, er erkennt genau das richtige Maß.

Interessant ist auch, dass außerhalb der Familie Männer und Frauen meist getrennt schwitzen. Und dass Saunen, besonders öffentliche, soziale Orte sind, in denen überraschend viel geredet wird. Auch unterschiedliche Standpunkte zu teilen, ist in der Sauna leichter, denn wegen der Nacktheit sind alle ein bisschen gleicher, soziale Unterschiede treten weniger hervor. Ein geradezu demokratischer Raum.

Zur Sauna gehört gern ein »Saunabier«, aber kein übertriebener Alkoholkonsum.

Wo liegen die Ursprünge der finnischen Saunakultur? Wie hat sie sich im Laufe der Zeit entwickelt?

Die finnische Saunakultur ist alt. Über Jahrhunderte spielten sich in der Sauna entscheidende Dinge des Lebens ab. Finnland war bis in die 1950er Jahre eine rural geprägte Gesellschaft. Wegen der extremen Wechsel zwischen sehr heiß und eiskalt sowie richtig nass und knochentrocken ist die Sauna für Keime ein unwirtlicher Ort und weitgehend steril, außerdem bietet sie warmes Wasser. So kamen in ihr auf den oft entlegenen Höfen die Kinder zur Welt und man wusch und bahrte in ihr die Toten auf, bevor sie zum Friedhof gebracht wurden. Außerdem nahm die Sauna im Alltag eine wichtige Rolle ein, dort wurde der Körper gereinigt, es kamen Jung und Alt der Familie nach getaner Arbeit zusammen, aber es wurde dort z. B. auch Fleisch geräuchert. Die Sauna gilt als der Gesundheit dienlich: »Wenn Sauna, Branntwein und Teer nicht helfen, führt die Krankheit zum Tode« lautet ein noch heute gängiges finnisches Sprichwort. Und obwohl die Sauna heute viele dieser Funktionen nicht mehr hat, so schwingt diese Geschichte doch immer noch mit.

Welche kulturelle und auch gesellschaftliche Bedeutung hat die finnische Sauna? Was bedeutet die Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe?

Die Sauna ist ein wichtiger und verbindender Teil der finnischen Identität. Sie ist ein Ritual, an dem beinahe alle in Finnland lebenden Menschen regelmäßig teilhaben. Auch dafür, wie die Finnen gesehen werden, ist sie von Bedeutung, denn ein großer Teil der Welt bringt Sauna mit Finnland in Verbindung. Die Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe versichert den Finninnen und Finnen die Bedeutung ihrer Sauna. Sie verpflichtet, diese Tradition zu pflegen, die naturnahe finnische Art der Sauna, die sich von der Wellness-orientierten mitteleuropäischen Art in vielem unterscheidet, bekannter zu machen.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2022 – 1/2023.