Sie können viele Themen so transportieren, dass Menschen zuhören, dass Menschen angerührt sind, dass sich Generationen füreinander interessieren. All das ist so unendlich wichtig«, sagte Angela Merkel 2013 auf dem Produzentenfest der Produzentenallianz und offenbarte einmal mehr eine besondere Sensibilität für die Branche der Film- und Fernsehschaffenden. Insgesamt fiel die Kanzlerschaft Angela Merkels in eine Zeit enormer Herausforderungen und Umbrüche. Auch für die Film- und Fernsehbranche in Deutschland sollten diese 16 Jahre eine Zeit der Veränderung und wichtiger Entscheidungen sein.
Mit der Besetzung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) prägte die Bundesregierung unter Angela Merkel die Kultur- und Medienpolitik im Bund maßgebend. Die geleistete Arbeit und das umfangreiche Schaffen während dieser 16 Jahre in wenigen Absätzen zu taxieren, ist kaum möglich. Dennoch: Will man die filmpolitischen Entwicklungen dieser Amtszeit holzschnittartig betrachten, müssen zwei Persönlichkeiten in den Blick genommen werden, die die Bundeskulturpolitik geprägt haben: Hier sei zunächst Bernd Neumann genannt, der im Jahr 2005 als Staatsminister im Bundeskanzleramt zum Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ernannt wurde.
Ein bis heute zentrales Förderinstrument rief Neumann als Kulturstaatsminister im Jahr 2007 mit dem Deutschen Filmförderfonds (DFFF) ins Leben. Ziel des DFFF war es, deutsche Produktionen zu unterstützen und die Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Ländern auszugleichen. Zahlreiche internationale Großprojekte fanden damit den Weg nach Deutschland. Zum Ende seiner Amtszeit leitete Neumann die Überführung des DFFF aus der Projektförderung in den Haushalt ein. Damit wurde der DFFF institutionalisiert und musste nicht immer wieder neu verhandelt werden.
In Neumanns Amtszeit stieg der Kulturhaushalt des Bundes zudem kontinuierlich an. Das ist besonders bemerkenswert, weil in dieser Zeit zwischen 2008 und 2011 eine der heftigsten Finanzkrisen der letzten Jahrzehnte zu bewältigen war und die Ausgaben des Bundes insgesamt gesunken waren.
Auf Neumann folgte Ende 2013 Monika Grütters als Kulturstaatsministerin, die gleich zu Beginn ihrer Amtszeit aufgrund von Kürzungen im DFFF-Etat mit Widerstand aus den Reihen der Film- und Fernsehbranche zu kämpfen hatte. Grütters setzte sich bei den Haushaltsberatungen fortan dafür ein, dass der Fördertopf künftig wieder höher ausgestattet wurde und schaffte über die Jahre hinweg eine stetige Steigerung nicht nur im DFFF-Etat. Insgesamt hat sich Monika Grütters bei der finanziellen Ausstattung der Filmwirtschaft und der Filmkultur enorm verdient gemacht und schaffte viele zusätzliche Anreize für internationale Aufträge an deutsche Produktionsdienstleister.
Und auch parteiübergreifend wurden wichtige Instrumente für die Film- und Fernsehbranche geschaffen. Man denke nur an den German Motion Picture Fund (GMPF), der nach einigen Entwicklungsschritten inzwischen zu einem zentralen Instrument in Sachen High-End-Produktionen geworden ist und eine große Nachfrage genießt.
Mit Blick auf die Coronapandemie ist zu konstatieren, dass die wohl größte Bedeutung der letzten Legislaturperiode dem Haushalt der Bundesregierung und insbesondere den Maßnahmen zur Kompensation der Folgen der Coronakrise zukam. Nach intensivem Engagement der Produzentenallianz wurde im September 2020 auf Bundesebene ein Ausfallfonds für coronabedingte Produktionsunterbrechungen im Bereich Kino und High-End eingerichtet, der bis Ende 2021 fortbesteht; für den Bereich Fernsehen wurde schließlich der Ausfallfonds II unter Beteiligung der Länder ins Leben gerufen. Grütters reagierte auf die globale Krise zudem mit Unterstützungsprogrammen für die Kinos, einer Rekapitalisierung der FFA im Jahr 2020 und einer Verdopplung der Mittel des GMPF im Jahr 2021 auf 30 Millionen Euro, um die schwer getroffene Film- und Fernsehbranche zu unterstützen.
Weniger erfreulich war jüngst die Entscheidung der Koalitionsparteien, mit einem neuen Urheberrecht durch ausufernde Informationspflichten den Bürokratieaufwand der Produzentinnen und Verwerter, ohne finanzielle Vorteile für die Urheberinnen und Urheber, massiv zu erhöhen und den Schutz der Urheberrechte auf Online-Sharing-Plattformen auszuhöhlen. Aus Sicht der Produzentenallianz wurde bei der Umsetzung des nationalen Urheberrechts die eigentliche Intention der als Basis dienenden europäischen Richtlinie in ihr Gegenteil verkehrt. Als Folge hiervon werden die Kreativbranchen im Land künftig weniger Zeit für das Produzieren neuer Inhalte haben, da sie deutlich mehr Zeit für das Administrieren von Rechten aufbringen müssen.
Neben der Reform des Filmförderungsgesetzes (FFG) wird als weiteres zentrales Thema für die kommende Regierungskoalition die Verpflichtung von Streamingdiensten zu mehr Investitionen in deutsche und europäische Produktionen sein. Weil europäische Fernsehveranstalter erheblich mehr in europäische audiovisuelle Werke investieren als die weltweit agierenden Streamingdienste, entsteht ein immer größeres Missverhältnis zwischen den weltweiten Programminvestitionen dieser Dienste und deren in Deutschland investierten Programmausgaben. Deshalb fordern Filmschaffende, Urheberinnen und Produzenten, dass in- und ausländische On-Demand-Dienste in Deutschland zu einer Investition in die Herstellung europäischer audiovisueller Werke durch unabhängige europäische Produktionsfirmen verpflichtet werden. Gleichzeitig soll in diesem Kontext eine faire Rechteteilung und Erlösbeteiligung ermöglicht werden. Basis einer solchen Investitionsverantwortung ist der Artikel 13 der europäischen AVMD-Richtlinie. In Frankreich existiert bereits eine solche Verpflichtung, andere europäische Länder sind im Begriff zu folgen. Damit hier kein Wettbewerbsnachteil entsteht, ist es wichtig, dass Deutschland schnell aufschließt.