Von 1933 bis 1945 waren bekanntermaßen sehr viele Menschen auf der Flucht aus Deutschland und suchten einen Ort, an dem sie in Sicherheit leben konnten. Wolfgang Benz beschreibt in seinem Buch sowohl die Zusammenhänge dieser Wege ins Exil als auch Einzelschicksale und vermittelt so ein umfassendes Bild dieses Exodus. Dabei wirft er den Blick auf politisch Verfolgte, auf Schriftsteller und Intellektuelle. Vor allem aber beschäftigt er sich mit dem Schicksal jüdischer Menschen, die versuchten, der Verfolgung, Verhaftung und Vernichtung zu entgehen. In den ersten Jahren der NS-Zeit war ihre Ausreise zwar von offizieller Seite noch erwünscht, gleichzeitig wurden den Ausreisewilligen aber viele Hürden gesetzt, in Form von Unmengen an Formalitäten, Papieren etc. sowie von geforderten Geldzahlungen. Immer schwerer, schließlich unmöglich wurde ihnen der Weg ins Ausland gemacht. Aber auch die angestrebten Zielorte zeigten sich in der Regel nicht sehr »gastfreundlich«, angefangen von Palästina – die britische Mandatsverwaltung sah eng begrenzte Einwanderungskontingente vor – über die USA, die Schweiz, Großbritannien u. a. Längst nicht überall waren die Flüchtenden aus Deutschland willkommen, wurden nicht aufgenommen und damit ihrem Schicksal überlassen. In diesem Zusammenhang erlaubt sich der Autor einen Vergleich mit der Gegenwart und einen Hinweis auf heute zu beobachtende »Vorurteile zur Rationalisierung der Erbarmungslosigkeit als Handlungsanweisung abwehrender Politik«. Viele, denen die Flucht gelungen war, glaubten sich in Sicherheit, um mit Kriegsbeginn doch von den Nationalsozialisten verhaftet und ermordet zu werden.

Sachlich und gleichzeitig bewegend beschreibt Benz abenteuerliche und lebensgefährliche Fluchtwege, die zum Teil Jahre dauerten und mehrere Stationen hatten. Das Buch informiert darüber, wie Staaten und Regierungen mit dem Thema umgingen und vermittelt einen Eindruck von traumatischen Erlebnissen, Existenzängsten, von geglückten oder nicht geglückten Fluchten, vom schwierigen, oft prekären oder einsamen Leben im Exil – und lässt den Leser mit der bitteren Erkenntnis zurück: Diese Überlebenden haben gewissermaßen noch »Glück« gehabt …

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 7-8/2025.